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following my dreams when I was 13

the City of names @ Backjumps live issue 2

Some impressions of „the City of names“ and some in german good written article by free lancer Bianca Ludewig, alternativ Berlin newspaper TAZ and conversativ Berlin newspaper Tagesspiegel.

Within the timeframe of 3 weeks a group about more than 60 writer and streetartists from 9 different nations constructed the “City of Names” on Mariannenplatz in Berlin/Kreuzberg. A gaudy favela with a footprint less than 1000 m2 made out of wood, scrap, trash and paint, fully equipped with a pond, an oratory, a watchtower, a subway with 2 stations, a museum, the bus number 126 with bus stop,a post office, city gates, streets, an
hotel, a dream tent, a wellnesscenter, electricity and  light, the “urban jürgen square” and an asian 24 hours security guard. Open from 29.7. till 4.9.2005, City of Names got converted into a super children’s playground.

the city of names @ Backjumps. the live issue 2, Berlin-Kreuzberg 2005
The art Projekt: the city of names @ Backjumps. the live issue 2, Berlin-Kreuzberg 2005
Building the Sear, Moe & Phos letters by Poet62 @ city of names/ Backjumps: the live issue2, Berlin-Kreuzberg 2005
designing the Sear, Moe & Phos letters @ city of names/Backjumps: the live issue2, (special thanks to Zedz for wood support) Berlin-Kreuzberg 2005
designing the Sear, Moe & Phos letters @ city of names/Backjumps: the live issue2, Berlin-Kreuzberg 2005
Sear @ city of names/ Backjumps: the live issue2, Berlin-Kreuzberg 2005
Sear, Moe & Phos letters from the back @ city of names/Backjumps: the live issue2, Berlin-Kreuzberg 2005
Phos letters @ city of names/ Backjumps, Berlin-Kreuzberg 2005
Sear, Moe & Phos letters @ city of names, Berlin-Kreuzberg 2005
Trains @ city of names/ Backjumps: the live issue2, were actually working and constructed from shopping trolleys. Berlin-Kreuzberg 2005
city of names/ Backjumps: the live issue2, Berlin-Kreuzberg 2005
Nemo house @ city of names/ Backjumps: the live issue2, Berlin-Kreuzberg 2005
The story of the tower: The majority of the team was against the watchtower but it still appeared in a city ,because it was some team proposal. Although, the question was why do they need it if they are building a free and creative city? Well if it is not for security so at least you can enjoy reading the city.
Hope @ city of names/ Backjumps: the live issue2, Berlin-Kreuzberg 2005

Text Bianca Ludewig

Die City of Names ist keine bessere Welt. Aber sie umweht ein Hauch von Freiheit. Und das nicht nur, weil sie ein Outdoor-Projekt der Backjumps Live Issue #2 war. Hier werden rund dreißig Writer, die sonst mit ihren Pieces auf die Architektur der Stadt reagieren, selbst zu Bauherren und Architekten. Während die Architektur unserer Städte immer mehr zur Profil-Neurose des Kapitals verkommt und vorbei an den Bewohnern geplant wird, gibt Jazzstylecorner mit der City of Names eine direkte & räumliche Antwort darauf. Ein Powermove mit künstlerischen und sozialen Qualitäten.

Der Mariannenplatz ist in Sommerabend-Licht getaucht. Mein Herz fängt an zu klopfen je näher ich in Richtung Backjumps-Eröffnung komme und umso deutlicher ich die Skyline aus Buchstaben und ungewöhnlichen Dächern sehe. Man spürt sofort, dass dort irgendetwas abgeht. Etwas das zunächst auf eine schwer fassbare Art schön, stark und anders ist. Ich höre Jazzmusik. Es offenbaren sich immer mehr liebevolle Details. Hunderte von Besuchern sitzen samt ihrer selbst mitgebrachten Getränke in und auf den Schriftzügen. Das ist er also – der „Bauspielplatz der Vandalen“ – wie viele Berliner Medien ihn beschrieben. Aber die sind vermutlich neidisch – und die Stadt gibt ihnen auch allen Grund dazu. Denn sie erfüllt den unterbewussten Traum eines jeden, steht für eines unserer grundlegendsten Bedürfnisse – dem nach Gestaltung von Lebensraum. Dieser arrangierte Haufen Sperrmüll ist wunderbar! Und er glüht, nein strahlt aus sich heraus! Undenkbar, unmöglich, eigentlich eine Frechheit! Das Konzept der City of Names stammt vom Berliner Writer ZAST. Er und seine Kollegen vom Jazzstylecorner sind in den letzten Jahren schon oft durch ungewöhnliche Graffiti-Projekte und Aktionen aufgefallen. Ihre interessanten Sichtweisen konnte man im „Writing“-Buch nachlesen oder auf den Style-Battles beobachten. 1997/98 hatten ZAST und AKIM mit Übungen angefangen: „Der Ansatz von Jazzstylecorner ist die Reduzierung auf das Wesentliche im Writing – das Skelett des Buchstaben. Wir verstehen den Tag als den Ursprung. Wenn man nicht taggen kann, müssen alle anderen Versuche scheitern. Deshalb war unser Motto: Return to Zero“, erklärt ZAST. Das bedeutete minimalistische Übungen mit dem ganzen Körper, statt auf Papier: ein Eimer Grundierung, eine Dose Schwarz. „Das hatte ich damals Jazzstyle genannt und das führte dann mit der Zeit zu einer Anhebung des Standards“, so ZAST.

DAS WUNDER VON BERLIN

Jazzstylecorner ist eine Zusammenkunft wo Writer ihre Standardoptik verlassen müssen, so auch bei der City of Names. Selbstreflektion und Selbstkritik sind große Themen bei Jazzstylecorner erläutert Zast: „Die Regeln der HipHop- oder der Writing-Kultur wie sie mal waren, werden von uns einfach immer wieder kräftig durchgeschüttelt und in Frage gestellt!“ Auch optisch unterscheidet sich Jazzstylecorner von dem was man sonst so von Writern gewohnt ist. Kein HipHop-Look oder Statussymbol-Markenklamotten. Dementsprechend ist auch ihre Einstellung zum Thema: „Sowas wie ein Montana-Logo wäre für Jazzstylecorner undenkbar. Entweder es wird gesponsort oder nicht. Wir werden diese Zeichen nicht mitverbreiten! Und ich finde auch, dass jedes Unternehmen das in irgendeiner Art und Weise von dieser Kultur profitiert, auch eine Verpflichtung hat, diese Kultur zu fördern. Und zwar auf eine Art, die uneigennützig ist. So könnte auch ein Klima zustande kommen, dass wiederum allen zugute kommt“, erläutert ZAST. Jazzstylecorner organisiert sich inzwischen offiziell als Verein. Es gibt einen engeren Kreis von etwa fünf bis acht Leuten die Aktionen planen und durchführen, plus den weiteren Kreis der in seiner Größe variiert. Denn dazu kann eigentlich jeder gehören der etwas hinein gibt. Der Writer IDEE – bei dem sich der Name kaum noch über Buchstaben manifestiert – sieht Jazzstylecorner als ein Prozess der Bewusstwerdung, auch und gerade durch Einflüsse von Aussen: „Der Dialog ist uns wichtig, viel wichtiger als das was dabei rauskommt. Jazzstylecorner ist ein Angebot zum Teilen, eine Brücke nach draußen, die sich zum Beispiel durch die City of Names zeigt.“

Das Konzept zur City of Names entstand 2003 als Jazzstylecorner zu einer Urban Art Ausstellung nach Göteborg eingeladen wurden. Dort sollten sie außerhalb der Galerie – in der Stadt – gestalterisch tätig werden. Und so entwickelte ZAST das Konzept für die erste City of Names. Aber wie es oft mit Ideen, Konzepten, Theorien so ist, sieht die Praxis dann ganz anders aus. Der Platz den die Kuratorin der Austellung Meira Ahmemulic von der Stadt bekommen hatte, lag in einer Problem-Plattenbausiedlung. Weit weg von der Galerie, am Rand der Stadt. „Dieser Stadtteil war ganz anders als Kreuzberg. Die Siedlung existierte erst seit dreißig Jahren und niemand blieb hier sehr lange. Hier lebten hauptsächlich Migrannten und Asylbewerber. Es gab hier verschiedenste kulturelle Gruppen und den höchsten Anteil von Kindern in ganz Göteborg“, erzählt Meira. Nicht die einfachsten Bedingungen, aber sie hoffte dass dadurch auch eine größere Handlungsfreiheit für das Vorhaben möglich wäre. Weder Jazzstylecorner noch Meira ahnten, was es bedeuten würde das Projekt dort zu realisieren. Die City sollte auf einem Fußballfeld inmitten einer Hochhaus-Siedlung erbaut werden. Meira hatte auch Writer aus Göteborg und Künstler der Ausstellung eingeladen mitzumachen, aber niemand wollte so recht. Wohl kein Wunder, denn man findet auch nur schwer Göteborger die dorthin zum Lohnerwerb kommen wollen.

Als Jazzstylecorner angstlos mit fünfzehn Leuten dort ankamen, wurde es gerade wärmer und die Kinder hingen auf dem besagtem Platz rum oder spielten dort Fußball.

Man hatte diese Idee von der City of Names und begehbaren Buchstaben im Kopf: „Aber sie war noch nicht besonders klar definiert und ihre wage Planung sah erstmal den ganzen Fußballplatz für das Projekt vor. Doch zunächst wurden sie von den Bewohnern als eine weitere Gruppe von Migrannten wahrgenommen, die neu waren und Raum beanspruchten auf den sie kein Recht hatten“, berichtet Meira. Man hatte bloß zwölf Tage Zeit, um das Projekt umzusetzten und baute fünfzehn Stunden und mehr am Tag, allen Widrigkeiten zum Trotz: „Wir waren sofort umringt von 50 Kids aus aller Welt deren Sprachen wir nicht verstanden und schwedisch konnten wir auch nicht. So mussten wir uns anders mit ihnen verständigen. Die Kinder waren offenbar sehr autoritär erzogen, denn ohne harte Ansagen ging gar nichts“, so ZAST. Obwohl die Polizei aus Angst vor illegalem Graffiti mehrere Male am Tag vorbeikam, gab es viele Diebstähle und die City wurde schnell der Ort an dem sich die Konflikte des Viertels entluden. Die Nachbarschaft richtete sich offen und aggressiv gegen die Writer. AKIM wurde irgendwann so wütend, dass er die Tür zu seinem Haus zubaute. Kurz darauf wurde sein Haus zerstört.

“ICH FINDE, DASS JEDES UNTERNEHMEN, DAS IN IRGENDEINER ART UND WEISE VON DIESER KULTUR PROFITIERT, EINE VERPFLICHTUNG HAT, DIESE KULTUR ZU FÖRDERN. UND ZWAR AUF EINE ART, DIE UNEIGENNÜTZIG IST.”

Von da ab begnügte man sich mit der Hälfte des Fußballplatzes. Dieser Rückzug zeigte den Kindern, dass ihr Protest einen Unterschied machen kann: „Das war sehr lehrreich, denn so musste jeder von seinem Egotrip runter kommen. Und irgendwann war dort auch eine echt gute Stimmung. Schlussendlich haben wir mit den Kindern zusammen dort gebaut und der Ort wurde auch dementsprechend mit von den Kindern gestaltet. Zur Eröffnung hatten wir eine tolle Party und mussten dann direkt abfahren. Und die Stadt wurde zum Spielball zwischen den einzelnen Gruppen dort – und kurz darauf zerstört.“ Obwohl Meira in diesen zwei Wochen nicht geschlafen hat, war es für sie das erfolgreichste Projekt an dem sie je beteiligt war: „Es war ein heikles Projekt, die ganze Zeit lag diese Spannung in der Luft und die Kinder haben das auch gespürt – dass die Sprüher angespannt sind. Andererseits haben sie auch gesehen, dass sie nicht aufgegeben haben und dass diese Spannung von den Writern kreativ umgeleitet wurde. Danach wollte das Viertel eine eigene Kunstwerkstatt.“

Im Vergleich dazu war die City of Names in Berlin um einiges einfacher zu realisieren, ein Heimspiel quasi. Kontakte und Unterstützung en masse. Trotzdem waren auch diese sechs Wochen City of Names für die Jazzstylecorner-Crew ein Kraftakt. Und auch ein Battle gegen den eigenen Schweinehund. Für dieses Vorhaben, den eigenen Tag und Style dreidimensional erfahrbar zu machen, konnten viele Writer und Urban Artists aus Berlin und anderswo gewonnen werden. So haben folgende Personen die City of Names realisiert: Freaks Gallery (DK), Armsrock (DK), Point(CZ), Fiona, Trick 17, Wax, Bus 126, Try, IND, Jolie, Mizza, Mony, Des 78, Aris, Spin, Brom, Poet, Phos4, Kripo, Drama, Monkey, Ehs, CBS, Urban Jürgen, Babbo (Schweden), Zast, Ritsche , C. Marien, Vader, Broa, Thief, Roger, Atari, Relax, Idee, Hesht, Akim, Mr.Mucho (Norwegen), Spair, Bosom, 247Crew, Nomad, Ms. Riel, Caro, Minja, Milan, Lotte, Pegasus, Hanna von Welt, Dizzy, KG Crew, Angst, 2ndRound, Mathias Hübner, Ariston (USA), Annika, Meira Ahmemulic, Cosmo, Inka, CAF Crew, Graffiti-Museum Berlin und die Kids aus Kreuzberg. Sie alle haben in gewisser Weise für Berlin sichtbar gemacht, was ohnehin schon klar ist: Berlin ist already die Stadt der Namen und schon fast überprädestiniert für dieses Projekt. In kaum einer anderen Stadt der Welt ist Writing so präsent, sind die Namen & Styles so vielfältig, so zahlreich, ist die Sprache der Straße so kommunikativ wie hier in Berlin. So lets take a mental-walk into the City of Names.

Es existierten zwei verschiedene Konzepte seinen Namen als Haus darzustellen: zum einen die dreidimensionalen Buchstaben und zum anderen die Umsetzung der metaphorischen Bedeutung des Namens. IDEE entschied sich für das letztere: „Mein Haus ist das schlichte Wartehäuschen, das hab ich mit der Künstlerin Daniela Thompson zusammen gebaut. Der Satz den ich damit meine ist: sitzen, warten und nichts tun. Egal wer drin sitzt oder rein schaut – es fühlt sich sehr vertraut an. Ich muss hier nicht meine Buchstaben hinbauen. City of Names heißt für mich nicht City of Letters“. So hieß es für viele: loslassen von den Buchstaben. Und dass Loslassen sowieso ein essenzieller Bestandteil von Writing ist verdeutlichte die CBS-Crew mit ihrem Haus. Sie hatten eine Kapelle gebaut, um so den Abschied von ihrer Crew angemessenen zu verdeutlichen und in ein Symbol zu kleiden: „Sie haben so das Ende ihrer Gruppe und der Writing-Kultur ganz öffentlich inszeniert. Damit wollten sie auch zeigen: ganz oder gar nicht!“, so ZAST. Am Sonntag nach der Eröffnung wurde der zuvor in der Kapelle aufgebahrte Sarg von einem Demonstrations-Trauerzug mit vierhundert Trauergästen unter dem Motto: „Mit Sicherheit stirbt Freiheit“ durch Kreuzberg und dann zu Grabe getragen. Danach gab es einen Leichenschmaus. R.I.P. CBS – we gonna miss ya!

CBS Grabstein, ( Anmerkung: die Polizei hat nach der Beerdigung und der Trauerfeier den Sarg ausgegraben um die Identität von CBS festzustellen.)

CBS ist vielleicht tot, aber die City of Names lebt weiter. Denn sie ist unsterblich. „Die City ist eine Art Zeitfenster, wo auf einmal Sachen passieren können, die sonst nicht so einfach möglich sind. Wir machen hier nicht einen auf ‚wir sind die coolen Writer‘, denn das ist nicht so. Wir haben hier alle auf die eine oder andere Art mit den Situationen die sich ergeben zu kämpfen“, so ZAST. So kann man die City of Names nicht losgelöst von der Stadt betrachten in der sie sich befindet. Und offenbar auch nicht ohne seine Kinder. Auch diesmal waren die Kinder die ersten, die dabei sein wollten. Sie ahnen und spüren als erste was für ein grundlegendes Bedürfnis es ist zu bauen und Lebensraum zu gestalten. So hatte der dann doch unerwartet große Ansturm von Kindern schnell zur Entwicklung pädagogischer Fähigkeiten von allen Beteiligten beigetragen. Auchsorgten Entscheidungen zu Übereinkünften wie ein Haus auszusehen hat, was nebeneinander stehen kann und darf und ob Tags darauf geduldet oder verboten werden, für Debatten: „Der Besitz brachte soziale Konflikte. Es gab hier schon einige Diskussionen. Aber damit muss dann eben auch umgehen können, das gehört dazu. Was uns verbindet ist der Background – wir stehen alle in irgendeiner Weise in Verbindung mit Jazzstylecorner und das ist der Grund auf dem hier alles steht“, erzählt IDEE.

Gute Ausstellungen haben verschiedene Ebenen – so auch die City of Names. Man braucht eine Weile um sie wahrzunehmen. Für Meira Ahmemulic ist das ganze eine Art Spiegel: „Während man die City of Names erlebt und liest, werden auch kulturelle, gesellschaftliche und soziale Aspekte sichtbar. Oder auch die Struktur die Graffiti-Kultur hat: Die City of Names ist immer da, aber für die meisten ist sie unsichtbar. In Momenten wie diesen, kann sie sichtbar werden. Sie ist wie ein Regenbogen und wenn du ihn zu sehen bekommst, kannst du dich glücklich schätzen.“ Die Häuser, Straßen, Brücken unserer Stadt sind auch als Symbole lesbar. Sie haben Eigenschaften, Ausrichtungen, Nutzbarkeiten die auch eine Sprache sprechen. Boden wird markiert, Raum eingenommen, Orte angeeignet. ZAST schlussfolgert: „Von oben gesehen ist die ganze Stadt beschrieben. Ich habe jeden Tag von der City of Names ein Foto von oben gemacht. Und nach dem Abriss konnte man den Abdruck der Stadt sehen. Das sah aus wie eine Zelle, die Wege waren weggetreten und sandig, aber unter den Häusern hatte sich die Wiese gehalten. So ergab sich ein Stadtplan der Stadt. Das war dann nochmal ein besonderer Moment, zu sehen wie man gemeinsam ein riesen Tag gemacht hat. Nach allem was man zusammen erlebt hat war es ein cooles Gefühl diese Spur auch noch gemeinsam hinterlassen zu haben.“

Über die Aspekte der urbanen Kalligraphie hinaus hat die City of Names für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht, was eigentlich soweiso selbstredend ist, nämlich dass Writer, Kinder und eben alle sogenannten Unbequemen oder schwer zu verstehenden auch Teil ihrer Stadt sind. Und wir alle haben ein Recht auf Mitgestaltung! Jazzstylecorner will deutlich machen, dass es hier nicht um Zerstörung, sondern um den Aufbau von existierenden – wenn auch nicht vorgesehenen – Möglichkeiten und Perspektiven geht. „Wir wollten auch zeigen, dass diese Dinge in unmittelbarer Verbindung stehen und dass es ist nicht so schwarz-weiß ist, wie viele es immer darstellen. Uns geht es um Orte, die noch frei zur Gestaltung sind, Raum der nicht dem Kommerz unterworfen ist, wo man nicht nur als Konsument funktionieren muss. Denn das wird zunehmend massiver und Freiheit geht immer mehr verloren. Normalerweise kann man als Writer den Ort beschriften, aber ihn nicht formen. Es war gut zu sehen, dass man Realität – wenn auch nur für kurz – verändert. Und doch noch so frei sein kann“, so ZAST. Angenehm war auch der Anspruch neben dem künstlerischen Wettkampf gleichzeitig ein soziales Battle zu haben. So wurde in der Bauphase jeden Tag für alle gekocht und von russisch bis asiatisch hat jeder so auch seine Essgewohnheiten mit eingebracht. IDEE resümiert: „Hier passiert ganz viel positives und es ist gut, wenn das auch nach außen strahlt. Es ist in jedem Fall ein Schritt, den Writer hier machen können. Berlin hatte ja mal einen ganz anderen Ruf in Deutschland und jetzt ist es halt so! Ich weiß nicht, in wie weit es ähnliche Ideen oder Konzepte in anderen Städten gibt, aber die Besucher waren doch recht angetan von unserer Art die Dinge anzugehen“. Geplant ist eine dritte und letzte City of Names. Dabei soll das Konzept durch die gemachten Erfahrungen erweitert und optimiert werden. Wo und wann ist noch nicht klar, aber es haben schon einige Städte angefragt.

Die Taz schrieb: „Bitte nicht taggen“

Die Ausstellung „Backjumps – The Live Issue #2“ im Bethanien feiert die Vielfalt einer Straßenkunst, die sich von Sprühdose und Jugendzentrum emanzipiert hat – und auf dem langen Marsch in die Galerien ein gutes Stück vorwärts gekommen ist

VON NINA APIN

„Bitte nicht taggen“ steht auf den Schildern, mit denen das Kunsthaus Bethanien beklebt ist. Ein freundliches Ersuchen an die zumeist jugendlichen Besucher der Street-Art-Ausstellung „Backjumps – The Live Issue“, die am Freitag eröffnet wurde. Statt, wie auf der Straße üblich, das eigene Markenzeichen (tag) daneben zu setzen, sollen Fans die Werke von über 40 renommierten Künstlern nur ansehen. Schließlich geht es hier um Kunst.

Das klarzustellen kostete Kunstraumleiter Stéphane Bauer im Vorfeld einige Mühe: Graffitigegner warfen ihm vor, aus öffentlichen Mitteln den Vandalismus an Hauptstadtfassaden zu fördern. Daraufhin fotografierte Bauer minutiös alle Schmierereien in der Umgebung ab. So will er hinterher beweisen, dass die Ausstellung keine Schuld trägt an Krakeln wie „Revolution bedeutet Widerstand“ und „Ahmet liebt Julia“. Die ausgestellte Street Art, das wird beim Besuch klar, verhält sich zum gemeinen Graffiti wie das MoMa zum Jugendzentrum.

„Was wir hier machen, ist für einen echten Zugsprüher schwule Kacke“, fasst Kurator Adrian Nabi bündig zusammen. Der 32-jährige Berliner war früher selbst in der Sprayerszene unterwegs, als einer von vielen Minderbegabten, wie er selbst sagt. Als Herausgeber des multimedialen Street-Art-Magazins Backjumps engagiert sich Nabi für eine qualitative Weiterentwicklung der Kunst, die er „urbane Kalligraphie“ nennt. 2003 lud er zum ersten Mal Aktivistinnen und Aktivisten aus aller Welt dazu ein, die Stadt zum Magazin zu machen: Vor zwei Jahren schon wurden mit großem Erfolg Fassaden gestaltet, Stadtspaziergänge veranstaltet und die Galerieräume der Hauptstadt erobert. Nabis Ziel ist es, urbane Kultur in ihrem ganzen Formenreichtum zu zeigen: „Es wird längst nicht mehr nur gesprüht, sondern geklebt, gemalt und installiert. Auch die Aussagen werden differenzierter. Mit dem Frust von benachteiligten Jugendlichen hat das nichts mehr zu tun.“

Wie erwachsen die Wandkunst geworden ist, zeigt die aktuelle Ausgabe der Ausstellung. Die meisten Künstler haben das Teenageralter längst hinter sich. Viele haben Kunst studiert, wie die New Yorkerin Swoon, die ihre filigranen, aus Papier geschnittenen Figuren im Raum verteilt hat. Seit Jahren kleistert sie ihre realistisch gemalten Durchschnittsmenschen – Seil springende Mädchen, Großväter, obdachlose Männer – in die Leerstellen der Großstadt. Gebilde von flüchtiger Schönheit, die schon der nächste Regen wieder auslöschen kann.

Zwischen der Subversion eines Darius Jones, der mit küssenden Straßenlaternen und irritierenden Reklamebotschaften in den öffentlichen Raum eingreift und den dekorativen Gemälden des Parisers Ash liegen Glanz und Banalität der Street Art. Mit der Gefahr des Ausverkaufs kokettiert die Berliner Crew „Neon“: Sie bietet ihr dreidimensionales „N“, einzeln verpackt und mit Strichcode versehen, als überteuerten Wandschmuck in einer Vitrine feil.

„Die Szene macht gerade einen Sprung von der Straße in die Galerie“, meint Zast, der am Eingang des Bethanien in die Sonne blinzelt. „Manchmal gehen auf dem Weg die Inhalte verloren.“ Der 28-Jährige gilt als Urgestein der Berliner Street Art. Als Schüler taggte und besprühte er Fassaden, studierte später an der Kunsthochschule. Auf der diesjährigen „Backjumps“-Ausstellung ist er mit der „City of Names“ vertreten. Die kleine Stadt vor dem Bethanien besteht aus begehbaren Signaturen: Writers haben ihre Schriftzüge bewohnbar gemacht. „Es gibt seit Jahren eine Tendenz zur Verräumlichung“, erklärt Zast, der selbst Skulpturen aus genagelten Holzbalken auf Fassaden montiert. „Man begnügt sich nicht mehr damit, auf der Wand die Illusion von Dreidimensionalität zu erzeugen. Street Art löst sich von der Oberfläche und greift in den Raum aus. Mit der Stadt will ich diese Entwicklung auf die Spitze treiben.“

Die „City of Names“ ist urbanes Heimwerken: Zelte und Häuschen laden zum Wohnen, mannshohe Buchstabenketten aus lackiertem Sperrholz zum Klettern ein, ein U-Bahnhof und eine Kapelle machen das Dorf komplett. Drei Wochen lang leben die Erbauer in ihren Räumen – ein soziales Experiment: Wie reagiert ein Writer, wenn er selbst Hauseigentümer ist? Wie alle Häuslebauer: Die CAF-Crew reinigt ihren Turm jeden Morgen säuberlich von Spuren nächtlichen „Vandalismus“ durch die Kollegen. Aber auch mit anderen Herausforderungen müssen die Bewohner fertig werden: Während die arrivierten Street Artists den Journalisten ihre Kunst erklären, hat sich schon der Gangsta-Rap-geschulte Nachwuchs breit gemacht: Am Eingang zum Zelt nutzen ein paar Möchtegern-Pimps den Raum fürs eigene Geschäft: „Einmal Ficken 25 Euro, und mein Kumpel passt auf.“ Welche „urbane Kalligraphie“ diese Jungs wohl beherrschen? Wahrscheinlich hängen auch in der „City of Names“ bald diese Schilder: „Bitte nicht taggen“.

Der Tagesspiegel schrieb: „Der Schrecken aus der Dose

An der Graffiti-Ausstellung „Backjumps – The Live Issue #2“ im Bethanien scheiden sich die Geister JUDITH JENNER

Der Mariannenplatz sieht aus wie ein Abenteuerspielplatz. Junge Männer nageln Bretter zusammen. Bohrmaschinen jaulen. Mit etwas Fantasie ist bereits ein dreidimensionaler Schriftzug zu erkennen. Was dort entsteht, ist die „City of Names“ und Bestandteil der am Freitag eröffnenden Ausstellung „Backjumps – The Live Issue #2“. Im Kreuzberger Kunstraum Bethanien wird bis zum 16. Oktober Street Art von mehr als 40 internationalen Künstlern ausgestellt.

Dass die Ausstellung von CDU-Politikern und dem Verein „Nofitti“ in Zusammenhang mit der illegalen Schmiererei und Sachbeschädigung gestellt wird, kann Stéphane Bauer, Leiter des Kunstraums Bethanien, nicht nachvollziehen. „Viele der Künstler stellen in Galerien in New York oder Paris aus. Sie verkaufen ihre Bilder für Tausende von Euro.“ Auch in Kunstkreisen sei die Ausstellung akzeptiert. Das zeigen die Einladungen zum „2. Berliner Kunstsalon“ in der Arena und ins Goethe-Institut nach Tokio. Der Hauptstadtkulturfonds deckt mit 35 000 Euro etwa die Hälfte der Kosten. Den Rest zahlen Sponsoren.

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Frank Henkel, forderte gestern Kultursenator Flierl auf, dem Projekt die Förderung zu entziehen. Dazu sieht Kulturverwaltungs-Sprecher Thorsten Wöhlert keine Veranlassung. „Die Veranstalter haben ihr Projekt schlüssig erläutert und distanzieren sich von illegalen Graffiti“, sagt er. „Man muss differenzieren zwischen Tags, Scratchings, politischen Schmierereien und Straßenkunst. Radikale Graffiti-Gegner wie der Verein ’Nofitti’ scheren alle über einen Kamm“, sagt Stéphane Bauer. Karl Henning, der sich als Vorsitzender des „Nofitti e.V.“ für eine saubere Stadt ohne illegale Graffiti einsetzt, will sich die Ausstellung nicht ansehen. „Es wird zum Beispiel ein Film über illegale Aktionen gezeigt. Dafür darf es keine öffentlichen Gelder geben.“ Wer legal sprühe, genieße in der Szene kein Ansehen.

Kurator Adrian Nabi stand vor zehn Jahren selbst wegen Sachbeschädigung in 49 Fällen vor Gericht. „Ich gab damals das Sprühen auf, weil ich noch nie gut malen konnte, und gründete das Magazin ,Backjumps’.“ Sein Magazin, das vor zwei Jahren das letzte Mal mit einer Auflage von 10 000 Stück erschien, zeigt keine beschmierten Züge, sondern beschäftigt sich mit Kunst und Design. „Die Szene hat ihre Ursprünge in der Illegalität“, sagt Nabi. Er selbst finde viele Graffiti, die er auf der Straße sehe, hässlich. „Wir verstehen unsere Aufgabe darin, jungen Sprühern ein Selbstwertgefühl für ihre Kunst zu vermitteln und legale Wege aufzuzeigen.

Die „Backjumps“-Ausstellung thematisiert aber nicht nur Graffiti. Schablonenkunst, Cut-Outs, Installationen, Filme, Diskussionen, Stadtrundgänge und die Gestaltung von drei Brandschutzfassaden an Kreuzberger Spielplätzen gehören zum Programm. Im Hebbel am Ufer tanzen am 14. und 15. Oktober Breakdancer. Es wird Workshops für Schulklassen und Senioren geben.

Die Verschärfung des Graffiti-Gesetzes (siehe Kasten) halten beteiligte Künstler wie „Akim“ für unsinnig. „Das führt höchstens dazu, dass Jugendliche kriminalisiert werden. Als diese Kultur entstand, kümmerte sich auch niemand um drohende Strafen.“

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